Veröffentlicht am: 4. Juni 2017Kategorien: Perfektionismus0 Kommentare on Zu-viel-Denkeritis: Bist du auch ein Overthinker?Views: 214

Zu-viel-Denkeritis: Bist du auch ein Overthinker?

Wer es kennt, der weiss wie zermürbend und nervtötend es sein kann. Ständig darüber nachzudenken, was wohl wie genau passieren könnte und das Gefühl für alle Eventualitäten vorbereitet sein zu müssen. Beim Packen für die Ferien fängt es schon Wochen vor dem Abreisetag an: Wie wird das Wetter? Genügt Abends ein Pulli? Passen meine Birkis zu meinen neuen Jeans mit der speziellen Waschung, die ich vor Monaten gekauft habe, aber noch immer nicht aus dem Schrank geholt habe, weil ich keinen Gürtel besitze, der optimal dazu passt? Die Färbung der Gürtelnieten ist einfach zu goldig…ein rosé goldener Stich würde einfach besser passen… Genügt es eine BB-Cream mitzunehmen oder sind die Restaurants super posh und verlangen nach dem ganzen Make-up Arsenal? Aber wenn wir in poshe Restaurants essen gehen, dann müssen auch meine Heels mit. Aber von denen kriege ich fiese Blasen an den Fersen… Dann doch keine Heels, ich werde sie mitschleppen und dann doch nicht anziehen. Also lieber nur Flats einpacken und das Paillettenkleidchen zu Hause lassen (jaja, es hätte doch sein können, dass ich ein Paillettenkleidchen besitze, oder??). Egal, auf alle Fälle eine endlose Kopfgeschichte.

Der Urban Dictionary definiert Overthinking ganz hübsch: „Excessive thinking about a problem, while losing focus on the big picture. The result is an overly complicated analysis, and any solution coming out of this will also be complicated. And probably a fruitless wase of time.“ Nätt, gäll?!

Und so geht das. Jedes Mal. Stundenlang. Völlig unnötig und übertrieben. Ich gebe gerne meinem Perfektionismus die Schuld dafür. Ist ja auch gäbig – für meinen Perfektionismus kann ich ja schliesslich nichts. Der wurde mir so angeboren – in mein Hirn gepflanzt noch bevor ich genken konnte. Also sind die Gene Schuld! So guet!

Naja, das mag vielleicht stimmen. Hilft aber nichts. Zu-viel-Denkeritis ist vielleicht nichts Lebensbedrohliches, aber boa-eeeh, sie ist vielleicht nervötend! Für alle um mich herum, aber vor allem für mich selber. Sie klaut mir sämtliche Spontanität und hat mir gerade in der Schulzeit oder der Pfadi den Ruf der kontrollierten Spassbremse beschert. Oder zumindest hatte ich immer das Gefühl so wahrgenommen zu werden. Aja, Streber war natürlich auch dabei. Denn wenn ich etwas konnte, dann war das nach einer Prüfung über die schwierigen Aufgaben zu klagen und wie schlecht ich doch abgeschnitten haben würde (doooch, ganz secher imfall!)….. und dann staubte ich natürlich trotzdem eine hervorragende Note ab. Solche Leute mit „falscher Wahrnehmung“ nerven. Aber es ging mir nicht darum die Aufmerksamkeit der anderen zu erhaschen. Denn in meinem Kopf waren diese tausend Gedanken tatsächlich da. Aus meiner Sicht war diese Wahrnehmung völlig legitim. Die kritischen Gedanken liessen mich nicht in Ruhe. Ja, sie jagten mich gar. Über ein paar Stunden mindestens. Nonstop. Bis sie mich dann irgendwann plötzlich und unerwartet wieder in Ruhe liessen.

Heute weiss ich, dass meine Zu-viel-Denkeritis viel mit Angst zu tun hat. Angst zu versagen, Angst nicht zu genügen, Angst nicht geliebt zu werden und guck an, da schliesst sich das Kreislein auch schon. Denn ich bin sicher mein Perfektionismus hat denselben Ursprung. Gschiit gäll!? Ich bin ja überzeugt davon, dass meine Zu-viel-Denkeritis und mein Perfektionismus schon zusammen im Kindergarten waren – so unglaublich verbandelt und verbündet sind die beiden miteinander. Aber zurück zu heute: Auch wenn die Zu-viel-Denkeritis mich auch heute als Erwachsene noch heimsucht, so weiss ich mittlerweile, wie ich sie schneller wieder los werde und wie ich besser damit umgehen kann. Und hey, das ist ja schon was! Darum hier ein paar Tipps, wie du Zu-viel-Denkeritis auch mal vor die Türe schmeissen kannst:

#1: Werde dir deinem Overthinking bewusst

Sobald ich merke, dass sich meine Gedanken zu drehen beginnen und versuchen mich wie ein Sog nach unten zu ziehen, versuche ich ganz bewusst und aktiv STOPP zu sagen. So kannst du die Kontrolle über deine Gedanken zurückzuerlangen. Manchmal sage ich es laut, manchmal schüttle ich mich oder sage mir in Gedanken laut STOPP. Sich bewusst werden, dass die Denkeristis soeben deine Gedanken übernommen hat und dass sie gerade versucht dich in einen Gedankenstrudel zu ziehen, ermöglicht es dir, dich auch wieder herauszuziehen. Selbständig. Versuche dich den Gedanken nicht zu ergeben. Du kannst selber entscheiden, ob du ein Opfer bist oder nicht (ned emmer eifach, i weiss).

#2: Lass die Gedanken raus

Sobald die Gedanken sinnlos kreisen, kann ich kaum anders, als mich irgendjemandem mitteilen. Das nervt hilft immer. Die Tendenz sich zu wiederholen und Bestätigung einzufordern geht meistens mit Zu-viel-Denkeritis einher und kann andere leider nerven. Umgib dich deshalb mit Leuten, die verstehen, warum du dich jetzt intensiv austauschen musst und die dir die Bestätigung geben können, die du in diesem Moment gerade brauchst. Wenn das gerade nicht geht  – zum Beispiel bei der Arbeit – dann kannst du deine Gedanken z.B. auch aufschreiben und so rauslassen. Oder mit der Diktierfunktion deines Smartphones aufnehmen, auch immer gut!

#3: Mach eine Auslegeordnung

Versuche dir zu überlegen, was das schlimmste ist, was passieren könnte. Ich meine realistischerweise (dass dich die ganze Welt hassen wird, gehört übrigens nicht dazu). Wenn du lernst deine Gedanken besser einzuordnen, verlieren sie ihre Macht und du kannst die Kontrolle wieder übernehmen. Ich schreibe meine Gedanken oft auf. Das hilft mir. Vor allem, wenn mich die kreisenden Gedanken nachts quälen und mir den Schlaf rauben.

#4: Lenk dich ab

Zu-viel-Denkeritis vergeht, genauso wie Kopfschmerzen. Lenk dich aktiv ab. In einer Stunde ist alles nicht mehr ganz so schlimm und du kannst die Dinge objektiver sehen. Geh raus, mach Sport, such dir ne spannende Serie auf Netflix, etc.

#5: Hab dich trotzdem lieb

Auch wenn du dir selber und anderen mit deiner Zu-viel-Denkeritis auf den Senkel gehst, hab dich trotzdem selber lieb! Du wirst sehen, sobald du dich selber lieber magst, werden die Menschen um dich herum auch positiver auf dich reagieren. Wieso sollen Leute dich mögen, wenn du dich nicht einmal selber magst?! Und jeder ist es wert, geliebt zu werden! Leute, die dich wegen deines Perfektionismus nicht abhaben können, auf die kannst du sowieso verzichten. Es lohnt sich nicht der Beachtung gewisser Menschen hinterherzuschmachten. Umgib dich ausschliesslich mit Menschen, die dir gut tun. Glaube mir, Menschen, die dich auch dann lieben, wenn sie dich beim Packen für die Ferien während mindestens zwei Stunden komplett meiden (ja am besten gaaaanz entspannt schon mal das Auto tanken) müssen, nur um sich danach während einer gefühlten Ewigkeit deine Frustration über die nicht genügend roséfarbenen Nieten deines Gürtels anzuhören – ja, diese Menschen gibt es tatsächlich.

Eure Sara

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